Es kann ganz schön eng werden, wenn sich ein Flug verspätet oder überbucht ist. Außerdem werden die Nerven gleich zu Beginn des Urlaubs auf eine harte Probe gestellt. Welche Möglichkeiten Sie haben und welche Rechte Ihnen zustehen.
Jeder verspätete Start in den Urlaub ist ärgerlich. Bei Rundreisen mit fixem Programm oder Weiterflügen versäumt man mehr als nur einen Urlaubstag. Gruppenreisen sind vielfach so organisiert, dass sich die Teilnehmer am Beginn in Ruhe kennenlernen können. Malta ist zudem ein beliebtes Land für Sprachreisen und da wirken sich Probleme bei der Anreise auf die Konzentration aus. Für all diese Unannehmlichkeiten sieht die EU-Fluggastrechteverordnung eine Entschädigung vor, auch um so die Airlines zu mehr Zuverlässigkeit zu erziehen.
Seit 2004 ist die Verordnung in Kraft und ihr großes Ziel ist der bessere Schutz der fliegenden Konsumenten. Lange Zeit sah es allerdings so aus, als ob es ein relativ zahnloses Gesetz sei, denn unter die außergewöhnlichen Umstände ließ sich so ziemlich alles hineininterpretieren. Es fehlt an klarer Rechtsprechung; vor allem vom EuGH, dessen Urteile maßgeblich dafür sind, wie denn Unionsrecht auszulegen ist. Fluggastportale wie beispielsweise AirHelp sehen es als ihre zentrale Aufgabe, hier für Rechtssicherheit zu sorgen und richtungsweisende Urteile bis in die letzte Instanz zu bringen. Dadurch entstanden viele Verbesserungen für Konsumenten.
Was sind außergewöhnliche Umstände
Früher hatten Passagiere bei Streiks schlichtweg das Nachsehen. Es fiel unter diesen Ausschlussgrund und das ergab doppeltes Pech: zum einen stundenlanges Warten in der überfüllten Abflughalle und zum anderen wurden zusätzliche Ausgaben für Verpflegung weder ersetzt und schon gar nicht für die verlorenen Urlaubstage entschädigt. Mittlerweile ist es so, dass Streiks zum normalen Betrieb einer Fluggesellschaft zählen und alles was – wenn auch nur entfernt und manchmal höchst abstrakt – dazu zählt, begründet einen Anspruch auf Entschädigung. Mitunter ein Grund dafür, dass Streiks zum Flugalltag gehören, ist wohl der Umstand, dass sich das Bordpersonal wegen widriger Arbeitsbedingungen zur Wehr setzt. Salopp gesagt bedeutet es, dass der Grund dafür hausgemacht ist und die Airline für ihr lausiges Management geradestehen muss.
Wartungsarbeiten zählen nun ebenfalls dazu, selbst wenn sie ungeplant sind. Sogar selbst dann, wenn Ersatzteile erst beschafft werden müssen oder das Kabinenpersonal infolge der Stehzeit ihre Arbeitszeit überschreiten würde. Die Argumentation zu dieser Entscheidung war, dass es Teil der Wirtschaftlichkeit ist, wenn kein Ersatzteillager überall vorhanden ist und mittlerweile zur gängigen Praxis zählt.
Spannend war die Entscheidung über ausgelaufenes Kerosin und die damit zusammenhängende Sperre des Rollfelds. Geklagt hat die Ryanair, die sich auf einen außergewöhnlichen Umstand berufen wollte, obwohl sie selbst die Sperre verursacht hat. Hier gab es die klare Entscheidung, dass eine Sperre aus Sicherheitsgründen immer außergewöhnlich sei; außer für den Verursacher, denn es kommt immer wieder vor, dass durch Defekte ein Tank undicht wird.
Fluggesellschaften wehren Ansprüche zunächst einmal mit den Einwänden von außergewöhnlichen Umständen ab, denn es kostet sehr viel Geld. Viele fürchten sich dann vor der Auseinandersetzung mit den Rechtsabteilungen. Die Chancen für eine allfällige Flugverspätung eine Erstattung zu bekommen, sind allerdings recht hoch. Fluggastportale können aufgrund ihrer Erfahrung sehr gut einschätzen, ob es sich tatsächlich um eine Haftungsbefreiung handelt oder ob es sich um schale Ausreden handelt. Im Ernstfall übernehmen diese auch das Prozesskostenrisiko.
Die Gerichte stehen jedenfalls auf Seiten der Passagiere. Auch und vor allem deshalb, weil der EuGH immer wieder betont, dass Verordnungen die dem Konsumentenschutz dienen, sehr streng auszulegen sind.